Ahoi Nachbar // Zu Gast in Merles Trödelhaus

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Viele erwarten eine Rockabilly-Dame mit Haartolle und ausfallendem 50er-Jahre-Kleid, wenn sie das erste Mal bei Merle vorbeischauen und zuvor Bilder ihrer Wohnung gesehen haben. Zu Gesicht bekommen diese Leute eine sehr modern gekleidete, junge Frau mit bunten Sneakern und grafisch gemutertem Rundschal. Ihre Inneneinrichtung dagegen ist Original 50er und 60er Jahre skandinavisches Design, nicht Rockabilly oder Retro – korrekte Angaben sind Merle wichtig. Bereits vor ein paar Jahren berichtete ich als Förde Fräulein über diesen ganz besonderen Ort und entwickelte daraufhin eine Freundschaft zu meiner Namensvetterin Merle, welche ich heute nicht mehr missen möchte. Da Merle kontinuierlich am Umdekorieren ist, hat sich seit meinem letzte Besuch einiges verändert.

Die wohl außergewöhnlichste Wohnung Kiels verbirgt sich mitten in Poppenrade. Zwischen grauen Hochhäusern und leeren Bushaltestellen gelegen hat sich Merle auf ihren 45 Quadratmetern eine paradiesische Oase voller Designklassiker geschaffen. Bis auf ein, zwei Ausnahmen ist hier alles original aus den 50er und 60er Jahren – vom Kochtopf über das Sofa bis hin zum Gardinenstoff. Sogar Merles Pflanzen sind hauptsächlich Exemplare, die zur damaligen Zeit die Wohnungen schmückten. Gummibaum, Elefantenohr oder Monstera – die Bezeichnungen der Zimmerpflanzen sind mindestens genauso skurril, wie ihr optisches Erscheinungsbild. Neben zahlreichen Gewächsen teilt sich Merle ihren Wohnraum mit zwei weiteren Mitbewohnern: Kater Gisbert und Stabheuschrecke Schmittchen.

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In der Küche

Hinter dem in der Küche gestapelten Geschirr verbergen sich große Namen: Cathrine Holm, Marianne Westman oder die legendären Berså-Kollektionen mit dem grünen Blattmotiv. Um ihren Hals trägt Merle eine selbstgemachte Kette. Der Anhänger besteht aus der Scherbe eines zerbrochenen Tellers. „Bei meinem ganzen Geschirr geht natürlich öfter mal etwas kaputt – das heißt aber nicht, dass ich dann weniger traurig bin. Wenn mir ein Stück zerbricht, an dem mein Herz ganz besonders hängt, dann mache ich einfach Schmuck aus den Scherben“, erzählt sie mir. Angefangen hat ihre Leidenschaft für Nostalgie und Inneneinrichtung ebenfalls mit Geschirr – nämlich mit einer pastellfarbenen Melitta-Kanne, welche sie vor acht Jahren von ihrer Großmutter geschenkt bekam.

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Die Sonne scheint im Spätsommer von 15.30 Uhr nachmittags bis zum Untergang in die geräumige Küche. Sie wandert vorbei an den bunt befüllten Regalen, zu den vielen Kräutern und Döschen, taucht in verstaubte Ecken und bringt die liebevoll polierten Töpfe zum strahlen.

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Am liebsten sitzt Merle im Licht der Nachmittagssonne an ihrem alten Küchentisch und blättert auf einem iPad durch die Ebay-Kleinanzeigen – ein interessanter Kontrast. Ihre Augen sind geübt – rasend schnell flimmern allerlei Möbel und Accessoires über das Display.

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Merle ist kontinuierlich auf der Suche nach neuen Lieblingsstücken und Schnäppchen, welche lang gesehenes ablösen sollen. Neben Ebay erwirbt Merle ihre Schätze beim „Trödel ihres Vertrauens“, auf dem Sperrmüll und Flohmärkten. Ab und zu fährt sie auch mit nostalgiebegeisterten Seelenverwandten nach Dänemark, um zusammen mit ihnen nach neuen Schmuckstücken Ausschau zu halten.

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Im Wohnzimmer

In der Mitte des Wohnzimmers steht Merles aktuellster Favorit: Der schwarz lackierte Designer-Stuhl von Ilmari Tapiovaara – eine Dauerleihgabe ihres Trödlers, wie sie mir schmunzelnd verrät. Ich sehe von der Decke baumelnde Kugelfische, einen hölzernen Papageitaucher, alte Telefone, selbstgenähte Kissen, weitere Töpfe sowie Pflanzen über Pflanzen. Merle steckt unglaublich viel Herz in ihre Einrichtung – die Möbel scheinen vielmehr Mitbewohner, als leblose Objekte zu sein.

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Ich frage nach, ob sie es nicht manchmal komisch findet, umgeben von all den Stücken und damit verbundenen Geschichten anderer Menschen zu leben. Merle antwortet mir, dass sie den Gedanken schön findet, diese Dinge zu erhalten und nicht auf dem Müll verkommen zu lassen.

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Im skandinavischen Raum ist eine solche Einstellung Tradition. Dort bekommen Kinder die Möbel ihrer Eltern vererbt, welche diese auch schon von ihren Eltern bekamen. Somit wird den Inneneinrichtungsstücken ein ganz anderer Wert verliehen, was zur Folge hat, dass die Objekte meist sehr viel besser erhalten sind, als bei uns in Deutschland.

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Im Schlafzimmer

Über Merles Bett hängt ein unter Kennern heiß begehrtes Stringregal. Auf den Regalbrettern stehen Kakteen in kunstvollen Töpfen, diverse Kerzenständer, Nachbildungen von Fernsehtürmen, zahlreiche Bücher und mehrere alte Wecker.

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In einer Ecke drehen sich die filigranen Papier-Schwäne eines Mobiles im Kreis. Auf der Fensterbank sehe ich kleine holländische Teelicht-Häuschen, die sich hinter Pflanzen verstecken –es gibt so viele zauberhafte Details zu entdecken.

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Im Badezimmer

Auch im Badezimmer ist alles perfekt aufeinander abgestimmt. Die hellblauen Fliesen harmonieren mit den Wandschränken und einem Globus, der auf ihnen thront. Alte Waschmittelpackungen mit amüsanten Werbesprüchen, Mainzelmännchen-Figuren, oder verspielte Kosmetiktäschchen – alleine das Bad ist schon einen Besuch wert. Und auch hier ist wieder alles voller Pflanzen. Wenn ich Merles Wohnung eine Farbe geben sollte, dann wäre es wohl Grün.

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