Loppokaffee // Ein Herz und eine Bohne

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Wie ein kleines Kind an Weihnachten freue ich mich, als ich mich vor ein paar Tagen auf den Weg zur Loppokaffee-Rösterei begebe. Die Eigentümer Axel und Kira, die die Rösterei Ende September eröffnet haben, kannte ich bislang nur flüchtig von meinen gelegentlichen Besuchen auf dem Wochenmarkt. Mit ihrem auffälligen Fahrrad, das sie zum mobilen Kaffeeausschank umfunktioniert haben, fährt das junge Pärchen seit 4,5 Jahren auf die Wochenmärkte Exerzierplatz und Blücherplatz. Dort verkaufen sie bei Wind und Wetter ab sechs Uhr morgens ihren beliebten Espresso und Cappuccino zwischen Antipasti-Ständen und Blumenhändlern. Das Wetter kann noch so schlecht sein – nichts hält Axel und Kira von ihrem festen Standplatz auf dem Wochenmarkt ab. Viel zu viele Stammkunden gibt es, die sich ausschließlich für die guten Produkte vom Loppokaffeeexpress zu früher Stunde aus dem Bett quälen. Von allen Seiten scharen sich die Menschen um den außergewöhnlichen Stand. Denn Axel und Kira sind mittlerweile stadtbekannt – eine kleine Attraktion, könnte man meinen.

Dabei waren die beiden früher nie selbst auf dem Wochenmarkt einkaufen. „Mich haben die vielen Stände auf dem Exerzierplatz immer ziemlich genervt, wenn ich auf dem Weg zur Schule war“, verrät Axel mir lachend. Die Leidenschaft fürs Zubereiten von Kaffeespezialitäten begann bei Axel und Kira bereits zu Schulzeiten. Hier lernten sich die beiden auch kennen und lieben. Nachdem Axel seinen Zivildienst beendet hatte, wurde aus Leidenschaft Professionalität – Kira begleitete das Projekt neben ihrem Geologie Studium. „Die Küche unserer gemeinsamen Wohnung stand damals voll mit den verschiedensten Espressomaschinen und diversem Zubehör“, erzählt mir Kira. „Axel machte einen Cappuccino nach dem anderen für unsere Freunde. Irgendwann stellten diese ein Sparschwein bei uns auf, weil sie uns unbedingt etwas für die tägliche Dosis Koffein geben wollten.“ In Dänemark kauften die beiden sich schließlich ein Lastenfahrrad – verfrachten ihr liebstes Kaffeezubehör darauf und fuhren einfach los auf die Märkte. Inzwischen besitzen sie fünf der schicken Lastenfahrräder – und Ende September kam noch eine Kaffeerösterei mit Café hinzu.

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„Wir wünschten uns von Anfang an einen festen Standort, nahmen uns aber die Zeit zum Suchen, da wir etwas wirklich Passendes finden wollten.“ Die lange Suche hat sich gelohnt: In ihrer loftartigen Rösterei im Industriestil vermischt sich der Duft von frisch gerösteten Kaffeebohnen mit dem von leckerem Kuchen. Vor dem großen Tresen befinden sich gemütliche Tische und Stühle, neben Kaffeesäcken steht ein Lastenwagen. Vor der ausladenden Fensterfront wurde eine Sitzbar angebracht. Dort können sich die Gäste zum Lesen zurückziehen oder ihren Blick nach draußen schweifen lassen können. Tische, Stühle und der Tresen wurden von einem befreundeten Tischler aus ganz besonderem Holz gefertigt: Es diente ein alter Steg von der Förde, jetzt verleiht es dem Raum rustikale Gemütlichkeit. Einen weiteren Hingucker stellt die Röstmaschine dar – mit ihrem satten sonnenblumengelben Anstrich steht sie offen im Raum. Ich erfahre, dass Axels und Kiras erste Espressomaschine den gleichen Farbton hatte.

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Die Leidenschaft für ihre Arbeit ist greifbar. Während ich Axel und Kira bei ihrer Arbeit beobachte, habe ich eher das Gefühl, ich würde sie in ihrer Wohnung besuchen. Beide wirken angenehm entspannt. Hier ist kein gezwungenes Lachen nötig – geschieht eine lustige Situation, so strahlen die beiden umso herzlicher. Ich nehme die Atmosphäre als ganz besonders authentisch und menschlich wahr. Ihren zahlreichen Stammkunden und neuen Gästen gegenüber sind die beiden aufgeschlossen und ehrlich. „Uns ist es ein großes Anliegen, die Leute über unsere besondere Arbeitsweise und Kaffee im Allgemeinen zu informieren“, erzählen sie mir. „Viele kennen nur den abgepackten Kaffee aus dem Supermarkt oder die totgerösteten Bohnen einiger Cafés. Unser Kaffee schmeckt ganz anders – das müssen die Gäste erst einmal verstehen.“ Warum das so ist erklären sie mir bis ins kleinste Detail – ausführlich und voller Liebe.

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Von der ersten Minute meines Besuchs, schaffen es die beiden mich mit ihrer Leidenschaft für wirklich guten Kaffee anzustecken. Sehr schnell merke ich, dass die Zubereitung einer gar nicht so kleinen Wissenschaft gleicht. Es gibt viel zu lernen und auszuprobieren. Das ist auch einer der Gründe, warum Axel und Kira sich fest niederlassen wollten. Nur so konnten sie die umfangreichen Möglichkeiten der Kaffeeproduktion und ihren Horizont erweitern. „Man lernt nie aus, kann immer noch besser werden“, verrät mir Axel mit strahlenden Augen. Ganz besonders spannend finde ich, dass sich Kira regelmäßig auf Kaffee-Reisen nach Kenia, Ecuador oder Brasilien begibt. Hier besorgt sie direkt bei den kleinen Kaffeeanbauern Produktproben und schaut beim Verarbeitungsprozess zu. Da kommt es auch schon mal vor, dass Kira bei einer Farmerfamilie übernachtet oder auf ein Glas frischen Ananas-Saft eingeladen wird. Direct Trade nennt man es, wenn man seine Produkte noch selber beim Hersteller abholt. Auf ein Fairtrade-Zertifikat verzichten die beiden ganz bewusst. Viel zu undurchsichtig sind ihnen die Wege der mittlerweile sehr großen Organisation geworden.

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Der Röstvorgang

Hochkonzentriert steht Axel vor der großen Röstmaschine. Mit größtmöglicher Präzision sind seine Augen auf den Röstvorgang fixiert. In diesem Moment braucht Axel Ruhe; seine Ambition nicht den kleinsten Fehler zu machen scheint unantastbar. Hinter seinem Rücken haben sich zwei Männer platziert. Wie interessierte Kinder schauen sie gebannt auf Axels Hände, scheinen die Bohne in der Drehtrommel genau zu verfolgen. Als es dann auf einmal du dampfen und klirren beginnt, weicht die Versunkenheit einem Lächeln – ein Blick über Axels Schulter wird zum Erlebnis.

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Axel erklärt mir: „Der wohl gravierendste Geschmacksunterschied entsteht beim Rösten. Wir rösten hell, zwischen neun und dreizehn Minuten bei maximal 210 Grad. Viele lassen die Bohnen um einiges länger in den Maschinen. Das Resultat sind zu dunkle Bohnen, welchedurch Überröstung die meisten ihrer Kaffeearomen verlieren. Ich vergleiche diesen Vorgang gerne mit einem guten Steak, dass noch schön saftig und nicht zu knusprig sein darf, damit es gut schmeckt.“ Ein Rezept gibt es beim Rösten nicht – jede Bohne muss individuell behandelt werden. Try- and Error-Effekt nennt Axel das.

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In eine größere Stadt zu gehen, können sich die beiden übrigens nicht vorstellen. Viel zu sehr lieben sie Kiel und die Menschen hier. „In Städten wie Berlin oder Hamburg sind die Leute meist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. In Kiel schätzen die Bewohner es noch richtig, wenn man etwas Besonderes macht und bleiben einem dann auch treu“, erzählen sie. In den kommenden Monaten wollen Axel und Kira auf Grund der großen Nachfrage vielleicht auch einen Mittagstisch anbieten. Dann am liebsten mit unterschiedlichen Produkten von befreundeten Wochenmarkt-Händlern. Beide wüssten dann genau, wo die Lebensmittel herkommen – quasi ihre lokale Weiterführung von Direct Trade.

Mehr zum Thema Loppokaffeeexpress sowie Direct- und Fairtrade findet ihr demnächst in den Kieler Nachrichten. Außerdem erwartet Euch in den kommenden Tagen auf dem Blog eine ausführliche Anleitung für den perfekten Cappuccino – umgesetzt mit meinen Lieblingsbarista vom Loppokaffeeexpress.

Besuche die Rösterei:

Grasweg 8 / Kiel

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