Ahoi Nachbar // Bonbonbunte Roboter treffen auf Minimalismus

Als ich mir an der Glasverkleidung des Inneneinrichtungsgeschäfts matters noch vor seiner offiziellen Eröffnung vor knapp einem Jahr die Nase plattdrückte, war ich eigentlich schon überwältigt genug. Überwältigt von der bunten Mischung an neuesten Interior-Trends, wie ich sie bis dato nur in Großstädten wie Hamburg oder im Internet finden konnte. Als ich dann auch noch erfuhr, dass Inhaber Olaf seine private Bleibe direkt über der Ladenfläche bezogen hatte, stand für mich fest: Diese Wohnung, samt Olaf, muss ich einfach porträtieren. Es konnte ja nur interessant sein zu dokumentieren, wie der Inhaber eines so modernen Inneneinrichtungsgeschäfts privat lebt. Natürlich wurde ich nicht enttäuscht – wer so viel Leidenschaft und Sorgfalt in seine Arbeit steckt wie Olaf, der transportiert auf diesem Weg auch einen Teil seiner Persönlichkeit. Und genau diese lässt sich nicht nur bei matters, sondern eben auch in Olafs vier Wänden finden. Hier treffe ich auf einen Mann, dessen Geschmack sich im Laufe seines bisherigen Lebens formte und der sich nun breit gefächert in seinem Wohnraum widerspiegelt. Angefangen mit Olafs Sammlung an bonbonbunten Robotern aus Kindertagen bis hin zu geraden Linien und starken Kontrasten, wie sie Erwachsene gerne mögen. Aber auch in der Gegenwart lässt sich Olaf immer wieder von Neuem begeistern. „Wenn mir ein hübsches Stück aus meinem Laden besonders gut gefällt, dann kann ich nicht widerstehen und nehme es mit nach oben in meine Wohnung“, erzählt er mir mit einem verschmitzten Lächeln. Diese geschmackliche Entwicklung und Zusammenführung von allerlei Besonderheiten zu erkunden, habe ich als unglaublich spannend empfunden. Komm` mit mir auf meinen Besuch in die kontrastreiche Loft-Wohnung von Olaf.

Mit dem Ersteigen der schmalen Eingangstreppe eröffnete sich vor meinen Augen ein Paradies für alle Freunde der gepflegten Inneneinrichtung. Olaf ist ein sehr höflicher Gastgeber. Direkt bietet er mir an, mich an dem prall gefüllten Kühlschrank zu bedienen und ihn später zum Sushi-Essen zu begleiten. Auch durfte ich beim Betreten seiner vier Wände meine Straßenschuhe anbehalten, was ich angesichts des schneeweißen Linoleumbodens skeptisch hinterfragte. Anfangs noch etwas zögerlich mit meinen klackernden Schühchen auf dem spiegelnden Untergrund tapsend, gewöhnte ich mich nach und nach immer mehr an die ungewöhnliche neue Umgebung.

Im Wohnbereich

In das ausladende Loft scheint an diesem Vormittag das grelle Tageslicht der Julisonne. Durch die weißen Vorhänge der breiten Fensterfront wirft es leichte, hellgraue Schatten in Olafs Wohnung. Selten habe ich in einem so hellen und sauberen Raum stehen dürfen. Ich bin umgeben von Weite und Fläche. Sofort sticht mir etwas ins Auge: Auf dem schlichten grauen Sofa vor mir entdecke ich ein aufgeschlagenes Buch. Das Cover schmückt ein asiatisch anmutendes Mädchen mit einer glimmenden Zigarette im Mund. Der Titel: Lalala.

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In dieser fleckenlosen Umgebung werden Olafs persönliche Gegenstände und Lieblingsaccessoires umso mehr zum Blickfang. Wie magisch werde ich von immer mehr spannenden Einzelheiten angezogen. Besonders angetan bin ich von einem riesigen Bücherregal, welches eine gesamte Wandfläche verdeckt – vom Boden reicht es fast bis zur Decke. Jedes seiner Fächer erzählt eine eigene Geschichte – ist mit Büchern oder Kuriositäten befüllt. Staunend wandern meine Augen von einem Objekt zum anderen. Ich sehe ein Foto von Hildegard Knef – rauchend sitzt sie mit einem dunkelhaarigen Mann zusammen; neben dem Bild hat Olaf einen Stoffhasen platziert. Auch schmücken interessante Mitbringsel von Reisen nach Afrika die Regalbretter. Die traditionellen Holzobjekte bieten einen schönen Kontrast zu dem ansonsten eher modernen Umfeld.

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Olaf verreist sehr gerne. Er lebte beispielsweise mehrere Monate bei seiner ehemaligen Freundin in Rom und war häufig zu Besuch bei Bekannten in London. Nachdem er knapp 15 Jahre mit einer festen Partnerin in einem Reihenhaus in Altenholz gelebt hatte, packte ihn irgendwann die Wanderlust. „Ich wollte mehr von der Welt sehen, Ausstellungen besuchen und meine Hobbys leben; da habe ich die leitende Position in meinem vorherigen Beruf aufgegeben und bin letztendlich hier gelandet – in meiner eigenen Wohnung“, verrät er mir. „Erst hier konnte ich mich so richtig entfalten und mich meiner Leidenschaft für Inneneinrichtung hingeben. In dem Reihenhaus war es nicht so schön hell und weiß wie hier.“

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Zu meinen Füßen liegt ein hochwertiger Kuhfell-Teppich ausgebreitet, an eine Wand stehen zwei Akustik-Gitarren gelehnt – nach und nach entdecke ich immer mehr rustikale Details. Olaf erzählt mir, dass er früher mehrere Jahre in einer eigenen Band gespielt hat. Sie nannten sich die Chamberlains. 1999 stieg er aus. Bei sich zuhause greift er hin und wieder immer noch gerne zur Gitarre. Wenn, dann aber nur für sich privat – seine Musik will eh keiner mehr hören, sagt er. „Es ist mir wichtig, dass alle Objekte in meiner Wohnung auch genutzt werden und nicht nur herumstehen – das vergeudet bloß Platz. Alles, was ich nicht regelmäßig verwende, wandert in den Keller.“

Im Essbereich

Um einen länglichen Tisch in der Mitte des Raums stehen vier knallrote Stühle. An der Wand dahinter hängen weitere Blickfänge in Knallfarben. Die gesamte Fläche ist mit modernen Bildern und Grafiken versehen. Viele der Kunstwerke stammen von dem Künstlerkollektiv Klub7 aus Berlin. Buchstaben, verrückte Symbole und Monster-Gesichter im Comic-Stil schmücken das manchmal sogar von Hand bemalte Papier.

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Als ich Olaf nach seinem Lieblingsplatz frage, antwortet er mir gleich mehrmals. Eigentlich sei der Sessel vor dem Fenster als Lieblingsplatz gedacht gewesen – letztendlich findet man ihn aber eher rauchend auf der Terrasse oder Fernsehen-guckend auf dem Sofa. Auch sitzt Olaf gerne mit seinem MacBook am Esstisch. Hier zeigt er mir bei der Gelegenheit seine Fotogalerie auf dem Onlineportal Flickr. „Früher war ich oft zum Fotografieren unterwegs. Leider habe ich dann irgendwann damit aufgehört, weil es mich zu sehr unter Druck gesetzt hat. Ich entwickelte den Anspruch, nur noch Fotos zu schießen, die man sich auch an die Wand hängen würde – das wurde mir dann zu anstrengend.“ Bei seinem Erzählen habe ich den Eindruck, dass Olaf den Blick durch seine Kamera in solchen Momenten vermisst.

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Als ich mich weiter umsehe, entdecke ich diverse farbenfrohe Roboter. Mit ihren schimmernden Schrauben, farbenfrohen Helmen und steifen Greifarmen stehen sie überall in Olafs Wohnung verteilt. Ich finde großen Spaß daran, immer mehr der lustigen Kerlchen ausfindig zu machen. Wie ein Kind an Ostern eile ich mit der Kamera von einem Roboter zum anderen. „Das sind größtenteils Überbleibsel aus meiner Kindheit, die ich vom Dachboden geholt habe.“ Olaf grinst. Ich merke , wie stolz er auf seine beachtliche Sammlung ist. Und so, als ob man allerlei Kunterbuntes aus seinen Kindertagen vom Dachboden geholt hat, sieht heute auch Olafs Laden aus.

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Auf mein Fragen hin, was sich denn zuvor in der Wohnung befand, antwortet mir Olaf, dass der Raum ein kahler Rohbau gewesen sei, der ihn mehr an einen Bunker erinnert habe. Mit Hilfe seiner Freundin, einer talentierten Innenarchitektin, wurde hier alles komplett neu erschaffen. Eine riesige Spielwiese muss das für die beiden gewesen sein.

An den Essbereich grenzt eine elegante Küche. Die Arbeitsplatte ist so glatt und glänzend, dass man sich wahrscheinlich darin spiegeln könnte. Ich sehe eine silberne Espressomaschine – ich schätze, eine der teuren und guten. Auch fallen mir die hübsch arrangierten Öle und Salze auf.

Das Fazit meines Besuches: Olaf raucht gerne. Er mag das gute Essen im Bauch von Kiel. Er hat eine Vorliebe für Comickunst und kultige Kinderspielzeuge. Olaf liebt Fernsehabende auf dem Sofa, die Freiheit, das zu machen, was er wirklich liebt, und er spielt gerne heimlich Gitarre. Ein sehr sympathischer Zeitgenosse also, dessen Fotografien ich mir definitiv an die Wand hängen würde.

Texte, Fotos, Bildbearbeitung: Merle Primke

Besuche matters:

Gneisenaustr. 4
24105 Kiel

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