Vinyl Salon // Underground-Platten neben Klassikern

IMG_3032_klein_neuWie viele andere Menschen auch liebe ich Schallplatten. Ich liebe den einzigartigen Sound, das vorsichtige Ablegen der Papierhülle und das gemütlich knisternde Aufsetzen der Nadel. In erster Linie aber liebe ich das Stöbern durch die eigene Sammlung und die aufkommenden Erinnerungen an besondere Momente. Sei es dieser sonnige Tag, an dem ich stundenlang mit Kopfhörern im Plattenladen hängen geblieben bin. Oder mein erster Besuch auf der Hamburger Sternschanze, als ich mich in eine Platte von Leonard Cohen verliebte und diese das erste Exemplar meiner Sammlung wurde. Und dann natürlich die einzelnen Interpreten und Songs, mit denen ich Augenblicke eines ganzes Lebens verbinde. Aufgelegt und abgetaucht ins Kopfkino. Zurückversetzt an den staubtrockenen Sommertag meines ersten Festivalbesuchs, die euphorische Begegnung mit meinem damaligen Schwarm auf einer überfüllten Tanzfläche oder das trostlose Gefühl von Einsamkeit an einem kalten Winterabend. So viele schöne, wie auch weniger schöne Erinnerungen rasen durch den Kopf – ich muss nur die richtige Platte auflegen. Und dann diese Tage, an denen ich Menschen zu mir in die Wohnung einlade und sie als erstes zu dem alten Koffer steuern, in dem ich ein paar meiner Lieblingsplatten aufbewahre. Dann weiß ich sofort: Das kann nur ein herrliches Treffen, vollgepackt mit guten Gesprächen, werden. Wir setzten uns zusammen auf die Dielen und stöbern von einem Cover zum nächsten. Ganz besondere Stücke legen wir auf den Spieler. „Kennst du die schon?“ „Oh, den Song habe ich früher immer mit meinem Freund gehört.“ „Das war meine Lieblingsplatte, als ich für ein Jahr ins Ausland gegangen bin.“ Ich glaube fest daran, dass kaum etwas mehr Persönlichkeit in eine Wohnung bringen kann, als eine Plattensammlung. Dementsprechend erfreut war ich, als ich einen neuen Schallplattenladen in der Metzstraße entdeckte: Den Vinyl Salon.

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Die Metzstraße ist versehen mit zerbrochenen Glasflaschen, Hauswänden voller Streetart und geprägt von Dönerbuden. An dem kleinen Eckladen würde man wahrscheinlich einfach vorbeigehen, wenn nicht zahlreiche bunte Plattencover die zwei Schaufensterflächen füllen würden. Neben der Eingangstür hängt vor roten Backsteinen die Nachbildung einer Schallplatte, auf der in verschnörkelten Buchstaben „Open“ steht. Die knapp zwölf Quadratmeter große Ladenfläche ist mit ordentlich sortierten Plattenkisten ausgefüllt. Etwa 8000 Exemplare gibt es hier zu entdecken: Underground-Bands, Klassiker, vereinzelt Sammlerstücke. Akribisch sortieren Inhaber Dennis und Christof Sammlungen, die bei ihnen abgegeben werden. Nur die besten Scheiben von guter Qualität schaffen es in ihre Plattenkisten. Der Rest wandert in einen Pappkarton auf dem Boden.

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Besonders viel Spaß bringt mir das Stöbern durch die teilweise wirklich abgefahrenen und künstlerischen Papierhüllen. Ich sehe Kamele mit Fliegerbrillen, die Fotografie eines menschlichen Schädels oder comicartige Zeichnungen. Bunt leuchtend ziehen die Cover meine Blicke auf sich – ich weiß nicht, wohin ich zuerst gucken soll. Dennis zeigt mir ein ganz besonderes Exemplar: Die Hülle der Platte „Catch a Fire“ von Bob Marley kann man so aufschieben, dass sie einem gigantischen Benzinfeuerzeug gleicht. Dabei klappt in der Mitte eine Flamme auf. Auch zeigt er mir die unterschiedlichen Beschaffenheiten der Schallplatten. Nicht immer sind sie klassisch schwarz – manche sind bunt und versehen mit Mustern.

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Dennis setzt sich an einem schmalen Tresen. Direkt neben ihm steht ein großer Plattenspieler, auf dem man Probehören kann. Die Musik erklingt dann über Lautsprecher an den Decken – Kopfhörer gibt es keine. „So komme ich mit den Kunden direkt ins Gespräch über die Platte“, erzählt mir der große Mann mit Häkelmütze und Trainingsjacke. Musik ist eine große Leidenschaft von Dennis und seinem Kollegen Christof. Vor sechs Monaten gründeten die beiden den Vinyl-Salon. „Uns hielten viele für verrückt. In Zeiten der immer stärker werdenden Digitalisierung mussten wir uns da echt durchsetzen.“ Die beiden lernten sich auf einem Flohmarkt kennen – natürlich am Plattenstand. Dabei entdeckten sie ihre gemeinsame Liebe zu Vinyl. Kurze Zeit später saßen sie wochenlang zusammen und hörten einfach nur Musik.

„Bei digitaler Musik wird die Wärme der Sounds runtergebrochen“, sagen die beiden. In Kiel fanden sie lange keine Platten mehr, da sie diese entweder schon besaßen oder ihre Wünsche zu speziell waren. Ein eigener Laden musste her. Trip Hop, Hip Hop, Folk, Soul, Funk, Indie, Punk, Skate Punk, Stoner Rock – im Vinyl Salon stehen bekannte Interpreten neben den liebsten Underground-Bands von Dennis und Christof. Auch einige Kieler Bands entdecke ich. Zum Beispiel Camel Driver – junger Stoner Rock aus dem Herzen der Fördestadt. Dennis erzählt mir, dass die Kieler Musikszene zur Zeit sehr voll ist. Er spielt selbst Schlagzeug in der erfolgreichen Stoner-Rock-Band Bone Man, die im letzten Jahr auf 65 Konzerten in ganz Europa aufgetreten ist. Immer mehr Kieler Bands trauen sich von den Proberäumen auf die kleinen Bühnen. Der Erfolg von „Bone Man“ zeigt, dass es nicht immer nur bei lokalen Auftritten bleiben muss. Aufgrund seiner eigenen Erfahrungen ist es ihm ein großes Anliegen, die Kieler Musikszene zu unterstützen. Bands können ihre Merchandising-Produkte und Platten daher jederzeit im Vinyl Salon vorstellen.

In meine digitalen „All time favourites“ kannst du hier, hier und hier reinhören.

Besuche den Vinyl Salon:

Metzstr. 38
24116 Kiel

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