Auf meinem Weg zu Elisabeth und ihrer Familie biege ich vom stark befahrenen Olaf-Palme-Damm ab. Ich komme vorbei an gepflegten Villen mit großen Gärten und verschnörkelten Zäunen; von der Straße aus kann ich den Waldrand sehen. Ich gehe durch ein Tor. Über einen bepflasterten Weg schlendere ich an der hellgrünen Fassade des 1904 erbauten Gebäudes entlang; dann über eine breite Steintreppe hinauf zu einer kleinen Terrasse und der Eingangstür. Von hier aus habe ich einen herrlichen Blick auf den großen Garten mit einer hohen Backsteinwand am Rand. Es wird Winter und das Gras ist gelb und wild.

Als Elisabeth die schöne, alte Backsteinwand im Garten entdeckte, da wusste sie sofort: „Das wird unser neues Zuhause.“ Es war das erste, was sie von der Gründerzeitvilla mit Jugendstil-Elementen sah, als sie diese vor sechs Jahren mit ihrem Mann und den Kindern besichtigte. Trotzdem war die Entscheidung für sie bereits so gut wie gefallen. „Ich fühlte mich an die Backsteinwände und -fassaden in Londons Stadtteil Camden erinnert – da habe ich mich auf Reisen immer sehr gerne aufgehalten“, erzählt die zierliche Frau mit der Porzellanhaut und den erdbeerblonden Locken.

Über einen kleinen Flur komme ich in den imposanten Eingangsbereich. So einen Anblick kannte ich bislang nur aus Filmen. Ich stehe auf gepflegten Dielen vor einen alten Treppenaufgang, der hinauf ins obere Stockwerk der Villa führt. Vor dem riesigen goldenen Spiegel und den runden kirchenähnlichen Fenstern, die den eher dunklen Raum mit gedämpftem Tageslicht füllen, fühle ich mich auf einmal ganz klein. Um das gesamte Holzgeländer der Treppe hat Elisabeth eine Tannengirlande mit Lichterkette gewickelt. Unaufdringlich und zart werde ich in Weihnachtsstimmung versetzt. Auf einer Sitzbank stehen zwei kunstvolle Köpfe aus Ton – entsprungen sind sie der Imagination von Elisabeths Töchtern.

Mit seinen 230 Quadratmetern Wohnfläche bietet die Villa Platz für ein ausladendes Ess- und Wohnzimmer im Untergeschoss. Auch hier: überall Dielen, hohe Decken, teilweise Stuck. Ein elfenbeinfarbener Kamin von Jøtul aus Norwegen verleiht dem gesamten Bereich eine wohlige Wärme. Davor steht ein großer, breiter Sessel, in dem Elisabeth fast zu versinken scheint.

Den größten Hingucker stellt ein dreiteiliges Gemälde der lokalen Künstlerin Ekaterina Ezhkova dar. Die langen und schmalen Werke füllen einen beachtlichen Teil der Wohnzimmerwand aus. Zu sehen sind drei Kinder, die sich in einer Schlange vor der Rutsche eines Spielplatzes aufgereiht haben – inspiriert von den Fotografien des Großvaters der Künstlerin, der in St. Petersburg das Leben auf der Straße festhielt. „Die drei abgebildeten Kinder erinnerten mich sofort an meine eigenen – ich musste die Gemälde einfach mitnehmen“, verrät Elisabeth.

Vor einer handbedruckten Blumentapete baumelt eine asiatisch anmutende Papierlampe der Designerin Orike Muth. Auf einer alten Holzvitrine stehen zwei Kerzenständer in Form von Papageien. Vor der bunten Tapete scheinen sie fast zu verschwinden – um sie zu entdecken, muss man ganz genau hinsehen. Dieser Bereich erinnert mich an ein Piratenschiff auf Blumenmeer – hier liegt Zauber in der Luft.

Über die knarzenden Stufen der Treppe gelange ich hinauf zum Bade-, Kinder-, und Schlafzimmer. Im Flur fällt mir sofort ein außergewöhnliches Sofa auf. Die Holzbeine sind romantisch verschnörkelt und weiß angemalt. Die antiken Polsterbezüge wurden durch himmelblauen Samtstoff ausgebessert. Über dem Sofa hängen mehrere knallige Kunstdrucke – ein moderner Farbklecks inmitten der sonst eher schlicht gehaltenen Einrichtung.

Zuerst erkunde ich das Kinderzimmer von Tochter Clara. Zwischen Elfenfiguren, nostalgischen Püppchen und hölzernen Nussknackern fühle ich mich wie in ein Märchen versetzt. Überall funkelt und glitzert es. Durch die zirkulierende Heizungsluft dreht sich ein Mobile mit Fledermäusen im Kreis.

Das Badezimmer wirkt ebenfalls wie einem Märchenschloss entsprungen. Aufwändig verzierte, olivgrüne Mosaikplatten aus Zement bedecken den Boden und Teile der Wände. Sie erinnern an eine andere Zeit, sind aber neu. Angelehnt an den ursprünglichen Stil des Hauses ließ Elisabeth sie vor ein paar Jahren von der Firma VIA nachgestalten. Sie erzählt: „Wir wollten unbedingt originalgetreue Mosaikplatten im Badezimmer haben, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts in den Waschräumen des Hauses befunden haben mussten.“ Beim Fotografieren entdecke ich mich in einem großen, goldenen Spiegel, der über dem modernen Waschbecken thront. Der Raum wird durch nostalgische Heizungen gewärmt, die große Badewanne versteckt sich hinter einem Rundbogen in der Wand.

Elisabeth betreibt das Inneneinrichtungsgeschäft room im Knooper Weg. In der Villa vermischen sich moderne Produkte aus ihrem Laden mit Erbstücken der Familie, Mitbringsel von Reisen und den Liebhaberstücken der insgesamt fünf Bewohner. Auf diese Weise spiegelt der Inneneinrichtungsstil den Geschmack der gesamten Familie wieder – jeder hat seinen eigenen Anteil und formt so ein Gesamtbild.