Blütenwerke // Von Löwenzahn und Pusteblumen

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Der Eckladen mit der auffälligen grünen Flügeltür ist bereits 130 Jahre alt. In ihm verzieren wunderschöne Fliesen die Wände, unter den Füßen befindet sich ein steinerner Boden mit feinen Rissen, ein großer milchiger Spiegel zieht die Blicke auf sich – all das ist genauso alt wie der Laden selbst, wurde über ein Jahrhundert liebevoll erhalten. Viele Geschäfte waren in dem Eckhaus am Jungfernstieg im Laufe der Zeit vertreten: Ein Schlachter, ein Bücherladen, zuletzt ein Geschäft für Antiquitäten. Vor knapp drei Wochen zog Floristin Aleks mitsamt ihrer einzigartigen Blumen-Kunstwerke ein. Nun hängen neben den Fliesen nostalgische Regale mit Porzellan-Püppchen , vor dem alten Spiegel wurden romantische Blumenranken in verschnörkelten Vasen aufgestellt und mit Rosen bestickte Rokoko-Stühle schmücken den grauen Steinboden. Bei der Eröffnungsfeier sind sich alle einig – einen passenderen Laden hätte Aleks nicht finden können. Komm mit mir auf einen Besuch zwischen Märchenwald und wildem Garten.

Aleks ist eine der wunderbarsten Personen, die mir auf meinen Reisen durch Kiel begegnet sind. Ihr herzliches Lachen ist ansteckend, ihre lebensfrohe, quirlige Art erfrischend. Ihr verträumter Blick auf die Welt fasziniert mich. Wenn Aleks redet, dann sprühen die Worte und fliegen die Hände. Sie gestikuliert viel und spielt mit ihrer Mimik – ein bisschen wie eine Schauspielerin, nur ohne schauspielern zu können, denn Aleks ist einfach Aleks. Seit über 17 Jahren ist die gelernte Floristin mit den bunten Kleidern ihrem Beruf verfallen. Mit viel Herz begeistert sie sich für ihre Arbeit – das merke ich genauso, wie ihre zahlreichen Stammkunden.

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Bei meinem letzten Besuch steht sie voller Eifer hinter ihrem großen Arbeitstresen und kreiert im Eiltempo einen Blumenstrauß nach dem anderen. Aleks Hände sind rissig von all den Dornen und der Erde. Vorsichtig legen sich die rauen Finger um die zarten Knospen und Blüten. Innerhalb weniger Sekunden führt sie die einzelnen Bestandteile eines Straußes so zusammen, dass alles herrlich harmoniert. Dabei wirbelt sie wild herum und führt auch schon mal ein kleines Tänzchen auf. Heraus kommt ein Kunstwerk – mehr kreative Arrangements, als reine Aufmerksamkeiten.

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Fast einen ganzen Tag verbringe ich bei Blütenwerke. Währenddessen kommen die unterschiedlichsten Menschen in das Geschäft. Wie magisch scheinen sie von den liebevoll dekorierten Schaufenstern und der fröhlichen Stimmung, die bis auf den Bürgersteig hinaus hallt, angezogen zu werden. Obdachlose, Schulkinder, wohlhabende Geschäftsleute, Familien, Studenten – alle bleiben mit leuchtenden Augen vor der offenen Tür stehen und spähen interessiert hinein. Mit dem Betreten des Ladens tauchen die Menschen in eine andere Welt ab. Sie lassen ihre Sorgen für einen Augenblick hinter sich und nehmen ein Stück Lebensfreude mit auf den Weg.

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Ein sehr alter Herr erfreut sich an den großen Margeritenbüschen vor dem Eingang. „Die sehen aus wie große, weiche Schneebälle – am liebsten würde ich sie umarmen“, sagt er, geht im nächsten Moment in den Laden und isst dort einen von Aleks Deko-Äpfeln. „So klein und saftig waren die Äpfel in meiner Jugend – nicht so überzüchtet wie heute.“ Wenig später macht er sich wieder auf den Heimweg – das abgenagte Kerngehäuse lässt er auf einem der Tische liegen.

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Neben seltenen Exoten vom Hamburger Blumenmarkt oder heimischen Blüten aus dem Garten von Aleks Mutter, findet man hier auch Pflanzen, die von vielen als Unkraut angesehen werden. Bei Blütenwerke erscheint dieses sogenannte Unkraut in einem ganz anderen Licht. In verschnörkelten Milchkännchen drapiert, wird der strahlend gelbe Löwenzahn auf einmal zum Hingucker. „Wenn man Löwenzahn pflücken und später eine Pusteblume bekommen möchte, dann muss man genau den richtigen Moment zum Pflücken abpassen“, verrät mir Aleks. „Das gelbe Köpfchen muss schon verblüht sein. Danach entsteht eine neue Knospe, die mit den typischen Pusteblumen-Samen gefüllt ist. Kurz bevor die Knospe aufgeht, sollte man den Löwenzahn pflücken und in Wasser stellen.“

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Regelmäßig kommt es vor, dass Aleks mit dem Auto unterwegs ist und anhält, weil sie am Straßenrand wilde Blumen oder Äste mit Schneebeeren entdeckt. Sie steigt dann aus, schneidet die begehrten Objekte ab und platziert diese später in ihrem Laden. „ An der Autobahn wachsen die prachtvollsten Hagebuttenhecken – leider kann ich da schlecht anhalten“, bedauert Aleks.

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Wenn nach Ladenschluss Blumen übrig bleiben, dann verschenkt Aleks diese lieber, anstatt sie selber zu behalten. „Ich bin den ganzen Tag von Blumen umgeben – wenn ich meinen Freunden oder der Familie etwas mitbringe, dann weiß ich, dass sie sich wirklich freuen.“ Als ich Aleks nach ihren persönlichen Lieblingsblumen frage, bekomme ich eine erstaunlich klassische Antwort: Ranunkeln und Pfingstrosen – Blumen, die man auf jedem Wochenmarkt bekommt. „Die mag ich besonders, weil sie aussehen wie Sahnebaisers.“ Aleks ist eben eine sehr bescheidene Frau, die sich an den kleinen Dingen des Lebens erfreut – das macht sie so besonders für mich.

Besuche Blütenwerke:

Jungfernstieg 27/ Ecke Sternstraße

Telefon: 0176 70084145 oder 0431 21905211

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