16. Mai 2015
Das Brunswik // Komm als Gast, geh als Freund
Ich besuche das Brunswik zur Mittagszeit. In der Luft liegt ein appetitanregender Duft nach angedünstetem Knoblauch und Gemüse. Nach Ingwer, Koriander und Zitrone. Nach starkem Kaffee und frisch gebackenen Keksen. Obwohl ich gerade erst gegessen habe, bekomme ich wieder Hunger. Fast alle Tische sind belegt. An ihnen sitzen und unterhalten sich mehrere Grüppchen von jungen Gästen – vielleicht Studenten. Ein paar Tische weiter isst eine Familie zu Mittag. An einem anderen genießt jemand in Ruhe eine Zeitung und ein Kännchen Tee. Das Brunswik scheint eine Mischung aus drei meiner Kieler Lieblingsläden zu sein. Es verkörpert den zauberhaft nostalgischen Charme des Resonanz-Cafés, den industriellen Look und die Moderne der Loppokaffee-Rösterei und die Gemütlichkeit des Inneneinrichtungsgeschäfts Stattfein. Eine wunderbare Mischung, die einen neuen, eigenen Stil entstehen lässt – den von Junes. Mit seinen Freunden baute er hier innerhalb von knapp vier Monaten alles selbst zusammen. Stundenlang schliff er Holzplatten glatt, zauberte Tischbeine aus alten Gerüstbohlen oder ließ aus Weinkisten Regale entstehen. Wenn man genau hinguckt, dann findet man hinter den zahlreichen Sesseln eingerahmte Fotografien, man entdeckt wunderschöne Dosen oder abgenutzte Koffer, die in der Garderobe aufeinander gestapelt wurden. Jeder Tisch ist mit hübsch zusammengestellten Blumen und einem schlichten Teelicht versehen. Von der Decke hängen industrielle Lampen – größtenteils Überbleibsel aus der DDR. An der Eingangstür steht: „Als Gast kommen, als Freund gehen.“ Dieser Satz ist hier Programm.
Obwohl Junes sein Bruswik erst Mitte März eröffnete, hat er bereits einige Stammkunden. „Es ist die Mischung aus Klarheit und Wärme, die es hier so besonders für mich macht. Und das leckere Essen natürlich“, erzählt mir eine dieser Stammkunden, die Künstlerin Susanne Lamprecht. Sie erzählt mir von langen Abenden voller Wein und guter Gespräche. Manchmal kann es dann auch vorkommen, dass eine Flasche Whisky mit auf den Tisch gestellt wird oder sich jemand an das Klavier am Eingang setzt und spielt. Junes ist ehrlich an seinen Gästen interessiert. Er will mit ihnen reden, sie kennenlernen. Will erfahren, was sie für Wünsche haben, wer sie sind, wie sie leben.
Junes flüchtete 1994 vor dem Golfkrieg aus dem Nordirak nach Kiel. Hier arbeitete er anfangs in Restaurantküchen – schnitt die Salate oder wusch das Geschirr ab. Irgendwann wurde ein Koch benötigt und er musste einspringen. Zuvor hatte Junes mit Kochen nicht viel am Hut, durch seine neue Tätigkeit entstand jedoch schnell eine große Leidenschaft. Alles brachte er sich selber bei. Eine Ausbildung machte er nie. Er las Lehrbücher und experimentierte an eigenen Rezepten. „Für mich bedeutet Kochen Kreativität und Talent, das kann man nicht lernen“, erzählt er mir. Mehrere Jahre arbeite Junes als Koch im Restaurant N.i.L. Mit seinem eigenen Lokal erfüllte er sich einen großen Traum: Selbstständig sein.
Viele von Junes eigens entwickelten Rezepten kann man nun im Brunswik probieren. Selbstgemachte Ingwer-Limonade, eine große Auswahl an Pasta-Gerichten, außergewöhnliche Obstsalate. Alles bereitet er persönlich hinter dem großen Verkaufstresen zu. Dabei können ihm seine Gäste immer zugucken – eine Wand zwischen Herd und Sitzplätzen gibt es nicht. Die Zutaten für seine Kreationen kauft er nach Möglichkeit immer lokal. Brot vom Holzofenbäcker, Milch, Eier, Käse und frische Pasta vom Wochenmarkt. Neben klassischen Kombinationen bietet Junes auch neue Geschmackserlebnisse an. Wassermelonensalat mit Minze, Walnuss, Olivenöl und Schafskäse zum Beispiel. „Wenn sich ein Gast unsicher ist, dann biete ich ihm auch gerne nur die halbe Portion an. Danach bestellt er meist nur noch das, was er sich anfangs nicht zu probieren traute.“ Junes lächelt. „Die Kieler muss man manchmal ein wenig mehr zu ihrem Glück überreden.“ Mit dem Bruswik haben Viele einen besonderen Ort gefunden, an dem sie sich wohl fühlen. Und ich außerdem die besten Nudeln der Stadt.
Besuche das Brunswik:
Brunswiker Straße 55
Telefon: 0431 53030350
1 Kommentar
Anna
22. Mai 2016
Dieses Café/ Restaurant gehört für mich zu den besten Kiels. So eine nette Bedienung und köstliches Essen gibt es kein zweites Mal in Kiel. Das ist mal wirklich was außergewöhnliches!!! Danke auch für die schönen Fotos und die interessanten Infos über die Gründungsgeschichte des Ladens 🙂